Ladungssicherung mit Spanngurt

8 min lesen20 April 2020
Verlorene Ladung und verlorene Autoteile – tagtäglich wird in den Verkehrsnachrichten vor solchen Gefahrenstellen auf deutschen Autobahnen gewarnt. Eine Statistik gibt es hierzulande nicht, die Kantonspolizei St. Gallen erhält aber «beinahe täglich Meldungen von herausgefallenen Gegenständen oder Objekten auf der Autobahn». Laut der Internetseite rp-online.de liegen hierbei die nicht näher beschriebenen „Gegenstände“ ganz vorn: Mit 13,8% machen sie den Löwenanteil Warnmeldungen aus. Dichtauf folgen Gefahrenmeldungen von Personen auf der Fahrbahn (13,5%), Reifenteile (9,4%), Metallteile und Fahrzeugteile wie Auspuff oder Stossstange. Natürlich gibt es auch kuriose Meldungen, wie der verlorene Matratzen , Kühlschränke, Velos und Skis . Solche Meldungen sind dann wahrscheinlich oft zurückzuführen auf die auf rp-online aufgeführten Nummer vier: Der Spanngurt!

Ladung sichern mit Spanngurt

Spanngurte (auch Zurrgurte genannt) gehen mit 3,5% am vierthäufigsten verloren. Kein Wunder: Der Güterverkehr in der Schweiz überwiegend über den Landweg abgewickelt, also via Strasse und Schiene. Allein 2021 wurden auf diesen beiden Verkehrswegen eine Transportleistung von 27,8 Milliarden Tonnenkilometern erbracht. All diese Waren müssen gesichert werden, im Stückguttransporter ganz genauso wie im Kleintransporter und im Anhänger. Und das scheint nicht selten schief zu gehen…

Die richtige Ladungssicherung mit Zurrgurt

Neben Überprüfen auf technische Mängel und dem Einhalten von Lenk- und Ruhezeiten kontrolliert die Autobahnpolizei auch die korrekte Ladungssicherung. Dabei gilt die europäische Zurrkräftenorm EN  12195-1:2010 in der Schweiz. Ganz allgemein muss Ladung so verstaut und gesichert werden, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen kann.

Ladungssicherung hat sich verändert. Aber hat sie sich auch verbessert?

In den letzten 10 Jahren ist in punkto Ladungssicherung einiges geschehen: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue Materialien und verbesserte Technik, aber auch die Aus- und Fortbildungsverordnung für Berufskraftfahrer sorgen dafür, dass Ware besser gesichert wird. Nicht selten unterschätzen aber gerade diejenigen, für die das Transportieren von Ware nicht ganz alltäglich ist, die auf die Ladung einwirkenden Kräfte: Private Kleinsttransporter, der Anhänger mit Grünschnitt vom örtlichen Gärtnereiunternehmen, der Transporter des Handwerkunternehmens. Und deren Spanngurte liegen dann auf den Autobahnen.

Welche Arten von Spanngurten gibt es? Wie ist ein Spanngurt aufgebaut?

In der Handhabung wird im Wesentlichen unterschieden zwischen zwei Typen:

  • Einteiliger Spanngurt: Wird ganz überwiegend zum Bündeln oder Umreifen, weniger zur Ladungsicherung im Strassenverkehr verwendet. Ein Ende des Gurtes ist fest mit dem Verschlusselement verbunden. Das lose Ende wird durch das Verschlusselement geführt, festgezurrt und fixiert. Häufig wird diese Art von Spanngurt zum Sichern der Ware auf einem Ladungsträger (Palette, Rollwagen…) beim innerbetrieblichen Transport verwendet.
  • Zweiteiliger Spanngurt: Mit dem zweiteiligen Spann- oder Zurrgurt kann Ladung durch Niederzurren und Schräg- bzw. Diagonalzurren gesichert werden. Die 2-teilige Kombination besteht aus einem Gurtband mit Endbeschlag (Losende) und einem Gurtband mit Endbeschlag und Spannelement oder Ratsche (Festende). An beiden Teilen muss ein Etikett mit bestimmten Angaben angebracht sein. Diese Variante ist mit rund 90% die gängigste im deutschen (Berufs-) Warenverkehr.

Welche Rolle spielen beim Spanngurt Material und Verschlusselement?

In den seltensten Fällen ist das Material des Gurtes der Grund dafür, dass sich die Ladung selbstständig macht. Neben den Spanngurten aus Baumwolle (besonders weich und oberflächenschonend, aber nur belastbar bis rund 235 kg) ist der ganz überwiegende Teil der verwendeten Spanngurte aus Chemiefasern und somit äusserst belastbar. Mit einer Reissfestigkeit von bis zu 6500 Kilogramm gelten beispielsweise Spanngurte aus Polyester als besonders witterungsbeständig und reissfest.

Natürlich setzen scharfe Kanten – in Kombination mit grossen Kräften- den Zurrgurten über kurz oder lang zu. Die häufigste Schwachstelle ist jedoch, neben falscher Handhabung, das Spann- bzw. Verschlusselement. Dabei werden wieder zwei wesentliche Arten unterschieden:

  • Klemmschloss: Da hier nur festgeklemmt wird und kein weiterer Zug aufgebaut werden kann, wie das mit einer Ratsche der Fall ist, eignet sich diese Art von Verschlusselement nur für kleine Gewichte.>/li>
  • Kurzhebelratschen (auch Standardratsche oder Druckratsche): Mit einer Hebellänge von etwa 22 cm können eher geringe Vorspannkräfte von 200 bis 350 daN erreicht werden – auch wenn der Spanngurt selber zu „mehr“ in der Lage wäre…
  • Langhebelratschen (Zugratschen): Dank der Hebellänge von zirka 33 cm lässt sich eine deutlich grössere Vorspannkraft von bis 500 daN erreichen. Der grosse Vorteil: Mit nur einem Spanngurt mit Langhebelratsche lässt sich das gleiche Ladungsgewicht sichern, für das zwei Spanngurte mit Kurzhebelratsche benötigt werden – eine klare Arbeitszeitersparnis.

Welche verschiedenen Arten Endbeschläge für Spanngurte gibt es?

Gängige Endbeschläge sind Doppelspitzhaken, Karabiner mit Sicherung, Flachhaken mit Sicherung, Klauenhaken, Double-Stud Fitting, Single-Stud Fitting, D-Ring oder Bordwandhalter. Eine Wissenschaft für sich, und für jeden Einsatzanlass erneut zu prüfen, welcher sich eignet. Karabinerhaken bspw. haben, anders als Spitzhaken oder Klauenhaken, den Vorteil dass sie sich dank des Schnappverschlusses selbstständig schliessen und nur mit Aufbringung manueller Kraft wieder zu lösen sind. Ähnlichen Effekt bieten die Endbeschläge mit Sicherung. So besteht eine Verbindung auch dann, wenn noch keine Spannung erzeugt wurde. Komfortabel in der Anwendung sind Spitzhaken, da sie lediglich eingehängt werden müssen in Zurröse, Anschlagpunkt, Lochblech. Sollte klar sein: Verlängern Sie niemals Spanngurte durch Verknoten!
Beim Material des Engbeschlags gibt es generell zu beachten: Edelstahl sollte es schon sein: Das Material muss einiges an Zugkraft aushalten und sollte witterungs- und temperaturbeständig sein.

Norm für Spanngurte

Nach der geltenden Europäischen Norm DIN 12 195-2 müssen Zurrgurte aus Chemiefasern mithilfe eines Etikettes mindestens Auskunft geben über:
  • die Norm, die der Gurt entspricht
  • das Material – auf den ersten Blick auch anhand der Farbe des Etiketts zu erkennen. Dabei steht Blau für Polyester (PES), Braun für Polypropylen (PP), Grün für Polyamid (PA) und Weiss für sonstige Materialen
  • die Länge
  • der Hersteller
  • das Herstellungsdatum (es gibt kein „Verfallsdatum“, da dieses je nach Beanspruchung des Spanngurtes sehr unterschiedlich ausfallen kann. Wann ein Gurt „ablegereif“ ist, also nicht mehr verkehrstauglich ist und ausgemustert werden muss, geht z.B. aus dieser Übersicht der Bundesgenossenschaft für Transport und Verkehrswissenschaft hervor: http://www.bgl-ev.de/images/downloads/programme/merkblatt_ablegereife.pdf
  • die Lashing Capacity (LC): Die LC ist die Zurrkraft des Gurtes selber, sie gibt die maximale Belastbarkeit des Spanngurtes im geraden Zug an. Bei Umreifungen kann der angegebene Wert verdoppelt werden.
  • die Standard Hand Force (SHF) oder auch normale Handkraft ist die Kraft, die der Anwender zum Spannen der Ratsche aufzubringen muss. Sie beträgt in der Regel 50 daN, was 50 kg entspricht.
  • die Standard Tension Force (STF) oder auch normale Vorspannkraft gibt an, welche Kraft durch die SHF (Handkraft) aus der Ratsche als Vorspannkraft auf das Zurrmittelübertragen wird. Vereinfacht gesagt: Sie gibt an, wie leistungsstark die Ratsche ist.
  • Dehnung unter zulässiger (maximaler) Zurrkraft in Prozent: Sie liegt bei maximal 7%, meist darunter. Ein 3m langer Spanngurt mit Dehnung 4% bspw. wird unter maximaler Dehnung 312 cm lang.

Wann ist ein Spanngurt ablegereif?

Zurrgurte sind hoher Belastung ausgesetzt. Von ihrem einwandfreien Zustand hängt jedoch einiges ab. Daher müssen Spann- und Zurrgurte regelmässig überprüft und ggf. ausgetauscht werden. Vor jedem Einsatz müssen die Zurrmittel auf ihren einwandfreien Zustand überprüft werden (Sichtprüfung). Dazu gehört:

  • Sind Einschnitte oder Einkerbungen zu erkennen?
  • Sind die Nähte intakt? Sind Verbindungen beschädigt?
  • Gibt es am Gurt irgendwelche Verformungen?
  • Ist das Etikett (an beiden Teilen, wenn zweiteilig!) vorhanden und einwandfrei lesbar?
  • Ist das Spannelement frei von Rissen oder Brüchen?
  • Gab es Krafteinwirkungen, die das Spannelement oder den Endbeschlag verformt haben?
  • Sind Spannelement und Verbindungselement frei von Korrosion?

Übrigens: Reparaturen sind in bestimmten Fällen zulässig, müssen aber unbedingt und ausschliesslich von fachkundigem Personal durchzuführen – in der Regel vom Hersteller. Selten lohnt sich eine solche Reparatur, auch im Sinne der Sicherheit sollte der Spanngurt im Zweifel abgelegt und ersetzt werden. Das gilt auch, wenn der Zurrgurt die vorgeschriebene jährliche, professionelle Examinierung nicht «besteht».

Welchen Spanngurt muss ich jetzt nehmen?

Leider gibt es darauf nicht die eine, kurze Antwort. Es gibt jedoch eine Reihe frei verfügbarer Rechner, die zumindest Aufschluss über die benötigte Anzahl und Stärke der Spanngurte geben. Um eine Ladung sicher und regelkonform zu sichern, müssen (mindestens) folgende Grössen bekannt sein:

  • Umfang der Ladung (ergibt benötigte Länge)
  • Gewicht der Ladung
  • Gleit-Reibbeiwert : Durch den Einsatz von Anti-Rutsch-Matten kann dieser Wert erheblich verbessert werden!
  • wirkende Kräfte bei der gewählten Art der Beförderung (Strassenverkehr, Containerschiff, Schienentransport, Lufttransport…) beziehungsweise die Beschleunigungsfaktoren
  • Abspannwinkel oder auch Zurrwinkel (?)
  • wird mit Formschluss oder ohne Formschluss (freistehend) verladen
  • erreichbare Vorspannkraft (STF) des Spanngurts

Im Web finden Sie eine Auswahl an Online-Rechnern, die bei der Auswahl des richtigen Spanngurtes helfen.

 

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